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Der gewöhnliche Faschismus
„Der gewöhnliche Faschismus“ war der Titel einer Filmdokumentation, die am 9. Mai 1967 über den Bildschirm lief. Bilder und Filmstreifen aus Archiven, Fotos, die Amateure machten, wurden dem Betrachter nahegebracht. Auch ohne Kommentar waren die Bilddokumente, die das wahre Gesicht der Hitlerära zeigten, aussagestark genug, Haß gegen alles zu empfinden, was Faschismus heißt. Uniformen; die brauenen der SA; die schwarzen der SS und die grauen der Wehrmacht, mit denen parademarschierende Deutsche die Macht des tausendjährigen Reiches demonstrierten; waren zu Tausenden zu sehen; für jeden, der die Zeit zwischen 1933 und 1945 erlebte. Führerreden, Paraden und Fahnen, Versprechungen an alle Schichten des Volkes; das alles war fast täglich zu hören und zu sehen; für jederman. Daß Hitler so das Volk für den 2. Weltkrieg reif machen wollte; sahen damals nur Kommunisten; fortschrittlich gesinnte Deutsche, die aber nicht lange ihre Stimme erheben konnten. Zuchthaus- und Gefängnismauern verschluckten bald ihre mahnenden Worte. Grausam war das 1939 beginnnende Sengen und Morden auf den Schlachtfeldern des 2. Weltkrieges. Aber alles wurde mit einem Glorienschein umgeben; honoriert mit Eisernen Kreuzen. Goebbels schrie es allen, die es hören oder auch nicht hören wollten zu, daß es Helden seien, die das deutsche Vaterland verteidigen, in Polen, Frankreich, in der UdSSR. Über die wahren Helden schwiegen die großen und kleinen Hitler. Die wahren deutschen Helden dieser Jahre saßen im KZ. Dort sperrte man Millionen Bürger aus ganz Europa ein, folterte und quälte sie; brachte sie um. Darüber wußte die Masse des Volkes nichts, und die es wußten, hielten es für gut und richtig.
22 Jahre sind vergangen seit der totalitären Hitlermacht, aber es ist notwendig, immer wieder an die begangenen Grausamkeiten zu erinnern.
Die Fotos, die auf dem Bildschirm zu sehen waren, zeigten nicht nur die Taten der mordenden SS-Henker, sie machten auch die Gefühlswelt derer deutlich, die solche Fotos machten. Soldaten und SS-Leute ließen sich an Massengräbern, beim Morden wehrloser Menschen durch Genickschüsse usw. fotografieren. Menschen können nicht so grausam sein oder gewesen sein, meinen heute noch einige, denen noch kein Licht aufgegangen ist. Selbst in Belzig gibt es noch Bürger, die z.B. das ehemalige Zwangsarbeitslager des KZ Ravensbrück im Roederhof zu bagatellisieren versuchen. Mögen sie die Frauen aus Frankreich, Belgien und der ČSSR fragen, die alljährlich in unsere Stadt kommen, um ihrer toten Kameradinnen zu gedenken. Es waren einige hundert; die im Zwangsarbeiterlager Roederhof des ehemaligen KZ Ravensbrück umkamen. Der Dokumentarfilm „Der gewöhnliche Faschismus“ hat also auch direkt zu unserer kleinen Stadt seine Beziehung und nicht nur zu Belzig. In Vietnam wird gemordet, mit Bomben, mit Messern und durch Genickschüsse. Auch dort sind wehrlose Frauen und Kinder zu Tausenden unter den Opfern. Und auch zu Westdeutschland hat der Film Beziehung. Dort leben auf freiem Fuß ehemalige SS-Henker, dort treffen sich die alten, unverbesserlichen SS-Bestien, und dort sind, wie unter einem Hitler, die wahren Deutschen in Gefängnissen und Zuchthäusern.
In den sozialistischen Ländern und auch in einem Teil Deutschlands, in der DDR, wurden die richtigen Schlußfolgerungen aus der Zeit des Faschismus gezogen. Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen. Das sagen wir nicht nur, dafür sorgen wir täglich. Darum ist es notwendig, alles zu tun, unsere Republik allseitig zu stärken. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, und wir tun es auch nicht. Genosse Walter Ulbricht sagte es in seiner großen Rede auf dem VII. Parteitag ganz deutlich, daß es für die DDR, ihre freien und selbstbewußten Bürger keine Rückkehr zum Kapitalismus, zum Mittelalter der gesellschaftlichen Entwicklung gibt. Wir Bürger der DDR denken nicht nur in Ehrfurcht der vom Faschismus Ermordeten, sondern wir sorgen dafür, daß es nie wieder zu solchen faschistischen Greueltaten wie in der Hitlerzeit kommen kann. Das beweisen auch die Belziger, die am 8. Mai am Mahnmal des ehemaligen Zwangsarbeitslagers Roederhof, der damaligen Außenstelle des KZ Ravensbrück, Kränze niederlegten, davon konnten sich die Widerstandskämpferinnen aus Frankreich, Belgien und der ČSSR, die Insassen des ehemaligen Lagers, überzeugten.
Manfred Bleck
Quelle: Kreisarchiv Potsdam-Mittelmark, Zeitungsarchiv, Märkische Volksstimme vom 18.5.1967