Rund 120 Menschen, darunter viele junge Leute und Familien, nahmen an der Gedenkveranstaltung teil. |
An der nach zweijähriger Pause wieder in traditionellem Rahmen stattfindenden Gedenkveranstaltung hatte auch Helena Rens aus Belgien wieder teilnehmen wollen. Sie ist eine Nichte der im Lager umgekommenen Maria Aerts. Doch eine Erkrankung hinderte sie daran. Inge Richter, die den Kontakt zu Helena Rens hält, richtete Grüße von Helena Rens aus.
Eröffnet wurde das Gedenken mit einem Musikbeitrag von Schülern der Grundschule „Geschwister Scholl“. Sie stimmten die „Kleine weiße Friedenstaube“ an. „Ich hätte nicht gedacht, dass dieses Lied noch einmal so aktuell wird“, sagte Bürgermeister Roland Leisegang in seiner Begrüßung.
Dann erinnerte er an den Lehrer Arthur Krause und den Pfarrer Erich Tschetschog, die mit ihrem Mut und der Entscheidung, Belzig am 3. Mai 1945 kampflos an die Rote Armee zu übergeben, die Stadt vor der Zerstörung zu bewahrten.
Die Ehrenbürgerwürde wurde den beiden Männern später dafür übertragen. Bei der Gelegenheit wurde eine Schweigeminute für Jutta Kraft eingelegt. Sie war die Tochter von Arthur Krause und hielt bis zu ihrem plötzlichen Tod im vergangenen Jahr den Kontakt zum Förderkreis Roederhof.
77 Jahre nach der kampflosen Übergabe der Stadt an die Rote Armee wurde anschließend mit Blumen der Menschen gedacht, die im Lager litten, die im Zweiten Weltkrieg starben und deren weiteres Leben durch den Krieg schwer gezeichnet blieb.
„Als Frau Richter mich fragte, ob ich heute ein paar Worte sagen kann, habe ich lange darüber nachgedacht, ob ich hier an dieser Stelle die richtige Person bin. Aber ich denke, in der heutigen Zeit hätte jeder, egal wer, Wichtiges zu sagen: Die Toten mahnen! Diese Inschrift im Gedenkstein muss für alle Mahnung sein, nicht nur Gedenken“, sagt Ines Miachelis.
In einer eindrucksvollen Ansprache ging die Direktorin auf den Leidensweg von Vera Koldowa ein. Sie trug die Häflingsnummer 11966 und wurde aus dem Konzentrationslager Ravensbrück ins Lager Roederhof nach Belzig verlegt. „Wir wussten, dass die Hölle von Ravensbrück in Belzig kein Ende nimmt, sondern dass es nur eine weitere Station unseres Leidensweges wird“, heißt es dazu in der vom Förderkreis Roederhof herausgegebenen Dokumentation „Schicksale“. Die furchtbaren Lebensbedingungen, unter denen die Frauen im Lager leben mussten, sind darin aufgezeichnet.
Mit den Worten, dass zu hoffen bleibt, dass sich so etwas nie mehr wiederholt. Ende oft Berichte ehemaliger Häftlinge. Doch reicht Hoffnung allein aus?
„Wenn wir uns die täglichen Nachrichten anhören, wissen wir, dass dies nicht reicht. Und wir fragen uns immer wieder: Hat die Menschheit aus der Geschichte nichts gelernt? Wie kann es doch sein, dass auf der Welt heute noch Hunger und Elend verbreitet sind, es in über 20 Ländern Kriege gibt, der Rechtsextremismus auch in Deutschland existiert und Nationalismus und Ausgrenzung wieder wachsen“, sagte Ines Michaelis und warb, sich mutig für Frieden, Freiheit und Demokratie einzusetzen.
„Machen wir uns stark für den Frieden in Europa und weltweit und für freie Demokratien. Zivilcourage ist heute genauso gefragt wie damals. Setzen wir uns für eine bunte Welt ein, gegen Hetze und Fremdenhass und für Toleranz. Und sorgen wir gemeinsam dafür, dass nicht vergessen wird“, lautete ihr Appell am Gedenkstein im Grünen Grund.
Schüler der Grundschule "Geschwister Scholl" gestalten die Gedenkveranstaltung mit. | Ines Michaelis, Direktorin der Grundschule "Geschwister Scholl, in Bad Belzig mit Schülern am Gedenkstein. |
Quelle: Fläming Echo vom 5.5. 2022, Seite 14. Alle Fotos: Bärbel Krämer